Vier

Diogenes meinte, man müßte in einem Staat nach dem Vorbild der Natur leben, in dem alle gleich sind und Brot, Bier und Betten allen gemeinsam gehören, und der deshalb auch keinen Zwang braucht. – Was Platon schlichtweg als „Schweinestaat“ bezeichnete.

Platon hatte schließlich selbst das Modell eines idealen Staates entworfen. Nur die Leute, die darin leben sollten, hatte er nicht gleich dazuerfunden, und so kümmerte sich keiner um seine bessere Welt, in der alles, was Spaß machte, nicht vorkam, weil es die Ordnung bedrohte.

Eigentlich hatten Arbeiter, Handwerker und Bauern in Athen die Pflicht, sich an der Politik zu beteiligen. Jeder Schmied oder Schuster muß den Staat führen können. – Allerdings hatten die Schuster, die gerade regierten, gar nicht die Absicht, andere in ihre Werkstatt zu lassen.

Aber den Arbeitern fehlte sowieso die nötige Muße. Weshalb Platon meinte, Arbeit deformiere Körper und Geist. Genauso, wie es bestimmter Fertigkeiten bedarf, Sandalen und Stiefel herzustellen, so braucht auch die Politik einen besonderen Geist. Nur besonders Gebildete könnten daher wirklich weise den Staat lenken, was Diogenes wiederum für einen „Scheißstaat“ hielt.

Natürlich wußte Platon, daß sein Staat reine Utopie war. Trotzdem hat er immer wieder versucht, seine Vorstellungen über gerechte Herrschaft an den Mann zu bringen. – Wer gibt schon freiwillig zu, daß er sein ganzes Leben einer Idee nachgejagt ist, die sich zuletzt als bloßer Wahn herausstellt?

Vielleicht wird uns Platon eines Tages noch mit einem Buch über den ideal gebauten Staat beglücken – nur wird wohl, weil bei der kleinsten Regung alles zusammenfällt, keiner darin leben können …

Menschenbild. Der Mensch, ohne Gesetz und Staat, lehrte Platon, sei nur ein zweibeiniges Tier ohne Fell. Eines Tages kam Diogenes in den Hörsaal, hielt ein gerupftes Huhn in die Höhe und rief, er bringe Platon einen Menschen.

Politik. Im Staat, meinte Diogenes, ist es wie in der Natur: Der Tausendfüßer ist das langsamste Kriechtier. – Und je mehr Köpfe, um so dümmer die Politik.

Hygiene. An einem Feiertag begegnete Diogenes ein alter Offizier voller Orden und Spangen. Diogenes schlug einen weiten Bogen um den Veteranen: Sehr ansteckend, murmelte Diogenes, diese bunten Geschwüre des Ruhms. Ansteckend und kaum heilbar!

Einsamkeit der Macht. Von einem feisten, glatzköpfigen Bonzen, der für seine langen, selbstverliebten Reden bekannt war, sagte Diogenes: Selbst seine Haare sind geflüchtet!

Geist und Macht. Auf die Frage, warum eigentlich immer der Geist zur Macht geht und nicht die Macht zum Geist, meinte Aristipp, die Mächtigen hätten eben von ihrer Dummheit keine Ahnung. Und schließlich müsse auch der Arzt zum Kranken.

Verdienste. Auf die Prahlerei eines ordenbehangenen Bonzen, er werde sich in Kürze frisches Gold an die Brust stecken können, erwiderte Diogenes: Besser wäre Blei!